Der große Kita-Sommer-Impuls (Teil 2)

Wenn das so weitergeht, gehen wir das anders an!

Praxis-Tipps für mehr Freude und Kraft im Kita-Alltag – Nr. 2 von 3

Personal-Ausfälle und Personal-Mangel meistern

Es ist nicht zu übersehen: das Arbeitsfeld Kita ächzt unter den Anforderungen auf der einen und den eingeschränkten Möglichkeiten auf der anderen Seite. Doch bedeutet das, dass du als Fachkraft dem einfach nur ausgeliefert bist und ihr als Team dem nichts entgegenzusetzen habt?

Wir finden: Nein, du kannst bzw. ihr könnt eine Menge tun, um die Situation mitzugestalten und anders anzugehen!

In unserem großen Kita- Sommer-Impuls geben wir euch in drei Teilen Ideen und Tipps für den Start in das neue Kita-Jahr an die Hand. Den ersten Teil von Juni 2023 findest Du bereits in der Ausgabe „Herausfordernde“ Kinder und Eltern auf unserer Webseite.

Im Juli 2023 widmen wir unseren Blog dem Thema Personal-Ausfälle und Personal-Mangel.

©Adobe Stock/ Prostock-studio

Chancen eines Unterbesetzungsmanagements nutzen

Krank ist krank – und nur wer wieder gesund ist, kann mit voller Arbeitskraft den Kita-Alltag mitgestalten. Zudem ist in der Regel niemand freiwillig krank – Schuldgefühle sind hier also nicht angebracht, auch wenn das leider zu unserer kulturellen Einstellung zur Arbeit dazu gehört. Ihr als Team habt die Chance, Entscheidendes zu eurer Entlastung beizutragen, indem ihr die Teamkultur eurer Einrichtung im Umgang mit Erkrankungen neu prägt. Festgelegte Regelungen zum Umgang mit Erkrankungen innerhalb eures QM erleichtern das Auffangen der Krankheitszeiten.

Das kannst du bzw. könnt ihr dazu beitragen:

  1. Entscheide bewusst, die Krankmeldung eines:r Kolleg:in nicht als Affront gegen dich zu empfinden. Auch jemand der:die häufiger krank ist als du, ist dies nicht, um dich noch mehr zu belasten. Gestehe deinem:r Kolleg:in zu, gesund zu werden. Kläre ab, was in der Zeit der Erkrankung nicht liegen bleiben kann und lass alles Weitere unbearbeitet, bis der:die Kolleg:in es wieder selbst erledigen kann.
  2. Übe dich darin, dich nicht schuldig zu fühlen, wenn du selbst krank bist. Akzeptiere die Erkrankung und werde in Ruhe gesund. Geh erst wieder arbeiten, wenn du dich wieder komplett erholt hast. Verzögert sich deine vollständige Genesung durch einen verfrühten Wiedereinstieg, kannst du deine Aufgaben nicht mit voller Kraft ausfüllen. Dies führt zu einer längeren Belastung der Kolleg:innen und trägt nicht dazu bei, dass der Workload auf alle Schultern verteilt werden kann.
  3. Erarbeitet im Team einen grundsätzlichen Vertretungsplan. Legt fest, wer in welcher Woche das Backup für Früh- oder Spätdienst ist. So kann sich jedes Team-Mitglied darauf einstellen, in einer bestimmten Woche einzuspringen und private Termine drum herum zu planen. Damit verhindert ihr, dass immer nur bestimmte Kolleg:innen einspringen und andere sich rausziehen. Und ja: Auch Teilzeitkräfte können Backup-Dienst übernehmen, wenn sie sich auf längere Sicht darauf einstellen können.
  4. Erarbeitet einen angepassten Dienstplan, sobald jemand aus dem Team länger als drei Wochen krank ist. Steigt aus dem „Wenn sie oder er nächste Woche vielleicht wieder da ist“-Denken aus, weil es euch in einer fortlaufenden Abwarte-Haltung festhält, die auf Dauer zermürbend ist. Geht ihr vorbeugend davon aus, die Unterbesetzung aufzufangen, setzt ihr die Kapazitäten des Teams gezielter ein und verliert weniger Kraft im ständigen Was-Ist-Wenn-Spiel.
  5. Seid als Team im Gespräch, wenn Kolleg:innen über eine lange Zeit krank sind. Verteilt die Aufgaben der:des erkrankten Kolleg:in frühzeitig auf verschiedene Personen, damit nicht eine:r allein alles auffangen muss. Seht in dem gesetzlichen ‚Betrieblichen Eingliederungs-Management (BEM)‘ die Chance, Kolleg:innen den Wiedereinstieg in die Arbeit zu ermöglichen, um wieder als vollwertige Arbeitskraft arbeiten zu können. Auch hier ebnet die innere Haltung wieder den Weg zu einem besseren Teamklima.
  6. Erkrankungen mit psychischen Symptomen benötigen einen sensiblen, enttabuisierten und reflektierten Umgang. Legt Rahmenbedingungen fest, wie ihr der:die betroffene Kolleg:in in die Arbeit integrieren könnt und wie ihr Grenzen der Belastbarkeit sowohl bei der betroffenen Person als auch bei anderen (Klein-)Team-Mitgliedern erkennen und auffangen könnt. Setzt regelmäßige Gesprächstermine an, um die Zusammenarbeit gemeinsam zu reflektieren und zu gestalten. Falls dies nicht gelingt, nehmt Unterstützung in Form von Coaching oder Supervision in Anspruch.
 
Diese Herbst-Seminare können dich und euch dabei unterstützen, gesund zu bleiben und mit den Belastungen im Beruf proaktiv zu begegnen:

 


 

Willkommen im Team – Zusammenarbeit stärken und Einarbeitung erarbeiten

Was macht deine Einrichtung interessant für Bewerber:innen – hast du schon einmal darüber nachgedacht? Je bewusster dir und euch als Team die pädagogischen Schwerpunkte sowie die Pluspunkte eurer Zusammenarbeit in eurer Einrichtung sind und ihr sie mit Leben füllt, desto mehr wird dies in Bewerbungsprozessen sichtbar und wird eure Einrichtung attraktiv. Eine zweite wichtige Frage ist: wie heißt du bzw. ihr neue Kolleg:innen willkommen und nehmt sie mit in die Arbeit hinein? Je mehr ihr euren Standpunkt kennt und je offener ihr euch als Team auf neue Persönlichkeiten, Meinungen und Ansätze einlasst, desto besser kann eine Synergie zwischen langjährigen und neuen Mitarbeitenden entstehen. Je bewusster ihr die Einarbeitung gestaltet, desto leichter entsteht ein Hand-in-Hand-Arbeiten mit neuen Kolleg:innen.

 

  1. Bereitet euch als Team auf den Bewerbungsprozess vor. Erstellt ein MindMap zu der Frage „Das ist uns in unserer Zusammenarbeit als Team wichtig“ und erarbeitet daraus ca. 5 bis max. 10 Hauptmerkmale, die ihr lebt oder leben wollt. Erkennt ihr dabei, dass Wollen und Tun stark voneinander abweichen, tauscht euch darüber aus und trefft eine Vereinbarung, was jede:r von euch wieder aktiv in die Umsetzung von dem, was euch wichtig einbringen kann. Haltet das Ergebnis schriftlich fest und schreibt es euch selbst wieder neu ‚auf die Fahne‘, indem ihr es ab sofort wieder bewusster umsetzt. Erinnert euch gegenseitig daran und stellt es neuen Kolleg:innen zum Dienstantritt zur Verfügung.
  2. Werden bei Punkt 1 Konflikte spür- oder sichtbar, holt sie mutig unter dem Teppich hervor. Ungelöste und schwelende Konflikte belasten die Zusammenarbeit stark, sind mindestens für die Kinder (manchmal auch für die Eltern) spürbar und führen zu einer allgemeinen Unzufriedenheit im Team. Neue Kolleg:innen spüren solche Konflikte schnell und können oft nicht anders, als sich in „Frontenbildung“ hineinziehen zu lassen, so dass sich die Zusammenarbeit im Allgemeinen weiterhin verschlechtert. Jede:r Mitarbeiter:in ist gleichermaßen dafür verantwortlich, diese Abwärtsspirale zu durchbrechen. Schafft ihr es nicht, den Konflikt selbst zu lösen, holt euch in Form von Coaching oder Supervision Unterstützung.
  3. Nehmt bewusst eine willkommens-Haltung der oder dem neuen Kolleg:in gegenüber ein. Auch wenn vorige Personen nicht gut ins Team hineingewachsen sind oder das Team schnell wieder verlassen haben: der oder die neue Kolleg:in kann nichts dafür. Wer von Anfang an gegen Vorurteile und fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit anarbeiten muss, kann sein Potenzial weder in die Arbeit mit den Kindern noch in die Zusammenarbeit im Team einbringen. Zu einer Willkommens-Haltung gehört auch die Bereitschaft, sich durch die Erfahrung, das Fachwissen und eine andere Arbeitsweise von neuen Kolleg:innen hinterfragen und bereichern zu lassen.
  4. Erstellt ein ‚Herzlich Willkommen im Team-ABC‘ nach dem Vorbild des Kita-ABC für neue Familien. Sammelt hier so viele Informationen wie möglich, die ihr kurz und knapp festhaltet. Hier herein gehört z.B. Aufgaben im Frühdienst, Team-Einsatzplan, allgemeine Regeln auf dem Außengelände, wichtige Telefonnummern, Struktur Dienstbesprechungen, Ansprechpartner beim Träger etc., damit neue Kolleg:innen es leichter haben, sich mit der Arbeitsweise der Einrichtung vertraut zu machen. TIPP: legt zu Beginn jedes neuen Kita-Jahres fest, wer das Team-ABC im kommenden Jahr pflegt und aktuell hält. Rotiert ihr mit dieser Aufgabe, bleibt ihr gemeinsam dafür sensibilisiert, euch mit eurer Arbeitsweise regelmäßig auseinander zu setzen.
  5. Entwickelt vor Dienstantritt der neuen Kolleg:innen einen Einarbeitungsplan und legt fest, wer die Einarbeitung als eine Art Pat:in verantwortlich begleitet. Sinnvoll ist, wenn dies jemand aus dem direkten Kleinteam übernimmt. Der Einarbeitungsplan sollte auf den Zeitraum von drei Monaten ausgelegt sein und konkrete Schritte enthalten, wie der oder die neue Kolleg:in in alle Arbeitsbereiche eingeführt werden kann. Folgende Schritte sollten enthalten sein: der erste Tag, die erste Woche, der erste Monat, der zweite Monat, der dritte Monat. Für die inhaltliche Vorbereitung sind folgende Fragen hilfreich:
    • Was benötigt die oder der neue Kolleg:in für den Start am ersten Tag, wie z.B. Schlüssel, Zugang zur Zeiterfassung, Spind im Mitarbeiterbereich, Postfach für Informationen, Zugang zu Kommunikations-Tools wie z.B. Teams oder einer Kita-App, dem Team-ABC, einem Organigramm der Einrichtung mit Namen der einzelnen Personen etc.?
    • Wie lernt die oder der neue Kolleg:in die Kinder, die Eltern und auch nach und nach das gesamte Team kennen, z.B. durch ausführliches Herumführen am ersten Tag und Hospitationstage in den anderen Gruppen während des zweiten oder dritten Monats?
    • Wie bekommt die oder der neue Kolleg:in einen Überblick über ungeschriebene Gesetze im Team, z.B. welche Aufgaben werden von allen übernommen und rotieren, wer im Team ist verantwortlich für welche speziellen Aufgabe, wie wird mit Räumen und Material umgegangen, wann werden Elterngespräche geführt, welche Feste werden gefeiert und von wem werden sie vorbereitet, wie wird das QM umgesetzt etc.?
    • Wie wird die oder der neue Kolleg:in in die Bildungs- und Entwicklungsdokumentation eingearbeitet, z.B. in Portfolioarbeit, Vorbereitung und Durchführung eines Elterngesprächs oder das Kennenlernen von Kooperationspartnern innerhalb der ersten drei Monate.
  6. Plant in den Einarbeitungsplan regelmäßige und fest datierte Gesprächstermine zwischen der oder dem neuen Kolleg:in und dem oder der Einarbeitungspat:in ein: im ersten Monat wöchentlich, dann mit größer werdenden Abschnitten. Gebt hier Raum für entstandene Fragen und konstruktives Feedback in beide Richtungen. Notiert euch Anregungen neuer Kolleg:innen, die das ganze Team bereichern können und gebt dies gemeinsam in Teambesprechungen weiter. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Leitung, zusätzliche Gespräche mit der oder dem neuen Kolleg:in zu führen, mindestens nach zwei bis drei Wochen zum Stand der Einarbeitung, in der Mitte der Probezeit und vor Ende der Probezeit.

 

Diese Herbst-Seminare können dich und euch in eurer Zusammenarbeit unterstützen:

 

Wir wünschen euch viele schöne Begegnungen mit den Kindern und ihren Eltern!

Die nächste Ausgab unserer Kita-Impulse beschäftigen sich mit diesen Themen und haben wieder viele Tipps für die Praxis im Gepäck:

  • Die Zeit für pädagogische Arbeit ist irgendwo auf der Strecke geblieben: Der Wiedereinstieg in einen angebotsreichen Kita-Alltag gelingt nur schwer oder gar nicht, Projektarbeit scheint undenkbar und das Durchziehen des strukturierten Tagesablaufs ist ja ohnehin kaum zu schaffen.
  • Die Zusammenarbeit in den Teams ist ins Stocken geraten: Das Arbeiten in definierten Kleinteams hat sich gefestigt, die Kommunikationswege innerhalb der Kita sind ins Stocken geraten, die Identifikation als Teil des Großteams nimmt ab.

(Autorin: Kerstin Schalles, Fachbereichsleitung Berufliche Bildung)