Konflikten gelassen begegnen

Kita-Impuls von Kerstin-Werner Schlüter

Konflikte gehören zum Alltag einer Kita dazu, wie das gemeinsame Spielen und Lernen. Meist beginnt es in einer herausfordernden Situation, einer Meinungsverschiedenheit oder einer schwierigen Entscheidungsfindung. Manchmal eskaliert es von einem Moment auf den anderen und manchmal schwelt es seit langer Zeit und ist kaum zu fassen. Konflikte sind unvermeidlich und grundsätzlich erst einmal weder gut noch schlecht.

Als pädagogische Fachkraft zeigst du dich nicht nur für die Förderung der kindlichen Entwicklung verantwortlich, sondern auch für die Bewältigung von Konflikten unter den Kindern. Gleichzeitig stehst du täglich vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die ein schnelles und intuitives Handeln erfordern. Ob es um Streit unter Kindern, schwierige Gespräche mit Eltern, oder Meinungsverschiedenheiten mit Kolleg*innen geht – deine Arbeit in der Kita ist geprägt von Situationen, die flexibles und lösungsorientiertes Handeln erfordern. Darum ist es hilfreich, Konflikten frühzeitig zu begegnen. Ein bewusstes Erkennen von Konfliktsituationen ermöglicht dir nicht nur eine zeitnahe Reaktion, sondern eröffnet auch die Chance, gezielt nach positiven Auswegen zu suchen.

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Im Folgenden findest du praxisnahe Anregungen, um deine eigene Konfliktfähigkeit zu stärken und um mit Konfliktsituationen sicherer umgehen zu können.

 

Konflikte frühzeitig wahrnehmen

Der erste wichtige Schritt besteht darin, Konflikte als solche wahrzunehmen. Probleme schleichen sich oft langsam ein und ein frühzeitiges Erkennen kann helfen, Eskalationen zu verhindern. Sei aufmerksam für die sozialen Interaktionen der Kinder, aber auch für die Dynamiken im Team und im Kontakt mit Eltern. Ein bewusster Blick für Anzeichen von Unstimmigkeiten ermöglicht es, proaktiv auf den Konflikt einzuwirken, bevor er sich ausweitet.

 

Konflikte unter Kindern als Lernprozesse verstehen

Konflikte zwischen Kindern sind ein natürlicher Teil des sozialen Lernens. Wir können hier nicht nur als Schlichter auftreten, sondern wichtige Lernprozesse anregen. Lenke Gespräche bewusst hin zu konstruktiven Lösungen und fördere so die Entwicklung sozialer Kompetenzen. Stell gezielte Fragen, die die Kinder dazu anregen, über ihre Gefühle zu sprechen. Ermutige die Kinder, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Stelle offene Fragen wie "Wie könnten wir das Problem gemeinsam lösen?" oder "Was können wir das nächste Mal anders machen?". Dies fördert nicht nur die Selbstständigkeit der Kinder, sondern stärkt auch ihre Fähigkeit, konstruktiv mit Konflikten umzugehen.

 

Empathie als Schlüssel für schwierige Gespräche mit Eltern nutzen

Empathische Gespräche mit Eltern führen, gehört zu den Schlüsselkompetenzen pädagogischer Fachkräfte dazu. Durch aktives Zuhören und das Verstehen der Elternperspektive können Missverständnisse vermieden und Vertrauen aufgebaut werden. Eine offene Kommunikation über Erwartungen, Sorgen und Wünsche schafft eine gemeinsame Basis für die positive Entwicklung des Kindes.

 

Meinungsverschiedenheiten im Team konstruktiv nutzen

Auch im Team kann es mal knirschen. Eine offene Kommunikation ist hier entscheidend. Schafft gemeinsame Strukturen für regelmäßigen Austausch über die Teamsitzung hinaus und holt dabei unterschiedliche Perspektiven ein. Versucht aus dem „ja aber…“ ein „ja und gleichzeitig…“ werden zu lassen. So können unterschiedliche Meinungen wertfrei beieinanderstehen und als wertvolle Erweiterung wirksam werden. Plant Aktivitäten im Alltag, die Teamwork erfordern, und fördert eure gegenseitige Unterstützung. So wird eure Kita zu einem Ort, an dem regelmäßiger Austausch und klare Kommunikationsstrukturen als Bausteine für Entwicklung genutzt werden.

 

Emotionen reflektieren und Bedürfnisse nachvollziehen

Bei alldem ist es entscheidend, deine eigenen Emotionen verstehen zu können. Nimm dir Zeit, um nach herausfordernden Situationen deine eigenen Gefühle (z.B. Wut, Traurigkeit, Angst…) zu reflektieren und die damit verbundenen Bedürfnisse (z.B. Anerkennung, Zugehörigkeit, Sicherheit…) zu erkennen. Sprich bei Bedarf mit einer unabhängigen Person darüber und gewinne so etwas Distanz zu dem Konflikt. Versuche dann ein Verständnis für die Emotionen und Bedürfnisse der am Konflikt beteiligten zu entwickeln. Ein besseres Verständnis für dich und andere kann dir helfen, Konflikte besprechbar zu machen und in zukünftigen Situationen gelassener, hilfreicher oder passender zu reagieren.

 

Fachliche Kompetenzen weiterentwickeln

Informiere dich weiter und lerne etwas über Modelle der Konfliktlösung. Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) bietet beispielsweise hilfreiche Perspektiven, um Konflikte frühzeitig zu erkennen. Diese Methode, entwickelt von Marshall B. Rosenberg, betont das gegenseitige einfühlsame Verstehen. Die Gewaltfreie Kommunikation kann in allen Bereichen, in denen wir uns begegnen hilfreich sein. Sie ermöglicht eine klare und respektvolle Kommunikation, die darauf abzielt, Bedürfnisse und Anliegen aller Seiten zu verstehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

 

Zum guten Schluss

Wir alle stehen täglich vor verschiedensten Herausforderungen und der pädagogische Alltag birgt zahlreiche Momente, die sich zu einem Konflikt entwickeln können. Die eigene Fähigkeit solche Situationen und deren Konfliktpotential frühzeitig zu erkennen, ist eine Schlüsselkompetenz, die wir bei uns selbst fördern können.  Egal, ob in herausfordernden Gesprächen mit Eltern, bei der Streitschlichtung unter Kindern oder in der Zusammenarbeit im Team – ein bewusstes Wahrnehmen und aktives Begegnen von Konfliktsituationen ermöglicht es uns, nicht nur zu schlichten oder eine Eskalation zu verhindern, sondern Wege zu gemeinsamen Lösungen zu ebnen und so eine positive Lernumgebung für die Kinder und uns alle zu schaffen.

 

Du möchtest noch sicherer im Umgang mit Konflikten werden? Dann sei herzlich willkommen in meinem Seminar ‚Konflikte lösen, statt sie (er-)tragen‘ am 09.-10.04.23!

 

Kerstin Werner-Schlüter

MA Supervisorin/Coach (DGSv), Coach (DgfC), Kindheitspädagogin BA, Erzieherin