Kita-Impuls zum Thema Kinderschutz

Gestaltung einer Erziehungspartnerschaft bei dem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung- grundlegende Tipps

Gibt es einen Verdacht von Kindeswohlgefährdung durch die Eltern ist unser Arbeitsauftrag in der Kita ganz klar. Wir sind Schutzbeauftragte für die Kinder und damit in der Verantwortung das Kindeswohl zu stärken und bei Bedarf eine Meldung an das Jugendamt nach § 8a SGB VIII zu machen.

 

 „Der erste Eindruck zählt“ -> Reflexionsfragen an die pädagogische Kraft
  • Bin ich mir im Erstkontakt mit den Eltern bewusst, dass nicht nur ich sie und ihr Kind mustere, sondern auch sie mich und die Einrichtung erkunden?
  • Welche Erwartungen habe wir als Kita und ich als Person an die Eltern (z. B. Eingewöhnung, Mitarbeit, Einhaltung von Regeln und Strukturen der Einrichtung)? Und wie stellen ich diese transparent für die Eltern dar?
  • Wie offen bin ich für die Erwartungen und wünsche der Eltern und Kinder? Haben diese von Beginn an Raum angesprochen zu werden?
  • Betrachte ich alle kommenden Eltern als ebenbürtig?

 

Vertrauen baut sich nicht innerhalb des ersten Kontaktes auf. Es ist der erste Schritt, der darüber entscheidet, wie leicht es einem Elternteil fällt uns ihren Vertrauensvorschuss für die Eingewöhnungszeit zu geben. Und mit jeder Begegnung in all den Monaten, haben wir die Möglichkeit, den Eltern zu beweisen, dass sich dieser Vertrauensvorschuss in mich als Mitarbeiter und dadurch in die Kita gelohnt hat.

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Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung

Hegt sich nun durch Symptome oder eine Äußerung des Kindes in mir der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung, ist es ganz natürlich, dass ich das Band meines Vertrauens zu den Eltern erstmal in Frage stelle. Diesen Schritt muss ich mir unbedingt bewusst machen, da meine Art und Weise, wie ich in das Gespräch gehe, mitentscheidet, wie die Zusammenarbeit mit der Familie weitergeht.

Leitgedanken, die meine Haltung im Gespräch prägen:
  • Ich bin mir sicher, dass du dein Kind liebst und das bestmögliche für seine Entwicklung möchtest.
  • Jedes Verhalten hat seinen guten Grund:
    • Ich möchte verstehen und darf nicht einverstanden sein.
    • Das Elternteil hatte in dem Moment für sich keine Möglichkeit anders zu Handeln.
  • Ich möchte dich unterstützen und dir zu Seite stehen. Lass uns gemeinsam nach einer Lösung suchen, die für dich und dein Familiensystem die richtige ist.

 

Tipps für die Gesprächsdurchführung

Fasse dich kurz!

Hier steht die Transparenz an erster Stelle. Die Beobachtungen werden kurz und knapp geschildert.

Jeder hat seine Wirklichkeit!

Echte Offenheit ist hier geboten. Das Wort wird an die Eltern abgegeben und ich höre aufmerksam zu, wie sie die Situation wahrgenommen haben. Dabei achte ich nicht nur auf das gesprochene Wort, sondern auch auf die Körpersprache.

Jeder Mensch hat Rechte!

Das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung kann hier genutzt werden, um eine Grenz zum Wohle des Kindes aufzuzeigen.

Andere Rechte kann ich wiederum nutzen, um den Eltern aufzuzeigen, dass sie sich auch um sich selbst kümmern dürfen und dass die Hilfe dazu da ist, sie zu stärken. Auch das Recht der Eltern auf „Erzieherische Hilfen“ (§ 27 SGB VIII) kann hier z. B. als Lösungsansatz vorgestellt werden.

Schutzmaßnahmen:

Welche Hilfesysteme kommen in Frage? Welche sind in dem Familiensystem wirklich umsetzbar? Hier werden unterschiedlichste Möglichkeiten an Hilfesystemen vorgestellt und in Betracht gezogen.

Zielvereinbarungen:

Gemeinsam werden die nächsten Schritte festgehalten und auch zeitlich definiert. Die Kita behält diese im Blick und bleibt im engen Kontakt mit den Eltern.

Du bist nicht alleine!

Wenn wir es geschafft haben, das Vertrauen der Eltern zu behalten, kann es eine Unterstützung sein, wenn wir sie in der Übergangsphase in ein neues Hilfesystem begleiten. (Möchtest du den Erstgesprächstermin hier in der Kita machen? Soll ich dich begleiten? Sollen wir zusammen anrufen?)

 
Und wenn es nicht reicht?

Ich kann nur Impulsgeber sein. Sollte es nicht reichen, dann hat auch dies seinen guten Grund und ich gebe es an das Jugendamt ab und informiere die Eltern darüber: „Ich habe meine Grenze erreicht und nehme wahr, dass das Wohl deines Kindes gefährdet ist. Ich werde heute das Jugendamt in Kenntnis setzen und hoffe, dass du es als Hilfesystem annehmen kannst.“

 

Abschließende Gedanken:

Zu jeder Zeit versuchen wir nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Eine Grenzüberschreitung ist ein Symptom, welches zeigt, dass ich mir meiner Selbst nicht bewusst war und mein Körper und mein Geist mich beschützen. Die Reflexion dieser Grenzüberschreitung bringt mich mir meiner selbst näher und ist ein Entfaltungsimpuls  (FEHLER = HELFER).

 

gesetzliche Basis: § 8a SGB VIII (Absatz 4)

Neben dem Verfahrensweg, dass eine Gefährdungseinschätzung gemacht und eine insoweit erfahrene Fachkraft für einen kollegialen Austausch hinzugezogen wird, ist folgender Arbeitsauftrag durch diesen Gesetzestext an die Einrichtungen mit aufgeführt:

„Daneben ist in die Vereinbarungen insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.“

Auf diese Hilfen kann ich nur hinwirken, wenn ich von Beginn der Kitazeit an eine vertrauensvolle Erziehungspartnerschaft aufbauen konnte.

 

Autorin

Anna Bolten

Fachkraft für Kinderschutz, Systemische Coach (DGfC), Elternbegleiterin, Kita-Leitung und Erzieherin

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